Bach – Weihnachtsoratorium, I-III und VI

Am 12. und 13. Dezember 2015 in der Heilig-Kreuz-Kirche Berlin

Der Chor des Jungen Ensembles Berlin (JEB) wird auch in der Adventszeit 2015 das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach in der vom JEB bekannten Klarheit und Frische erklingen lassen. Und nach dem großen Erfolg der Uraufführung der Kinderkonzertfassung von Schauspiel- und Opernregisseur Sascha von Donat im Jahr 2013 werden wir auch dieses Jahr den Jüngsten die Musik Bachs näher bringen und neben der „langen“ Version für Erwachsene die szenische Fassung des Weihnachtsoratoriums für Kinder aufführen. In den einstündigen Nachmittags-Konzerten erzählt Josef (Matthias Jahrmärker), gelegentlich korrigiert durch Maria (Cornelia Marschall), von ihrer Reise nach Bethlehem und den nicht ganz stressfreien und wunderlichen Begebenheiten vor Ort, nachdem ihr Kind Jesus geboren wurde. Der Chor der Schäfer untermalt die Geschichte musikalisch mit Auszügen aus dem Weihnachtsoratorium. Diese sehr abwechslungsreiche und interaktive Konzert wird von Frank Markowitsch geleitet. Es begleitet das Prometheus Ensemble Berlin.

Konzerte:
Samstag, 12. Dezember 2015
Sonntag, 13 Dezember 2015
jeweils 16.00 Uhr: J.S. Bach Weihnachtsoratorium, szenische Fassung für Kinder (Sascha von Donat)
jeweils 19.00 Uhr: J.S. Bach Weihnachtsoratorium, Teile I-III und VI

Heilig-Kreuz-Kirche Berlin, Zossener Str. 65, 10961 Berlin U Hallesches Tor

Mitwirkende:
Cornelia Marschall – Sopran und Maria
Franziska Markowitsch – Alt
Sebastian Lipp – Tenor
Matthias Jahrmärker – Bass und Erzähler
Chor des Jungen Ensembles Berlin
Prometheus Ensemble Berlin

Musikalische Leitung:
Frank Markowitsch

Programm:
J.S. Bach – Weihnachtsoratorium, I-III und VI
Weihnachtsoratorium szenische Fassung für Kinder (16 Uhr)

Presse-Echo:

DRadio Kultur stellt das Weihnachtsoratorium für Kinder in der Fassung von Sascha von Donat mit dem Jungen Ensemble Berlin am 24. Dezember 2015 in Konzertpause der Übertragung des Weihnachtsoratoriums aus der Kreuzkirche Dresden gegen 21:10 kurz vor. Details in der DRadio Kultur Programmvorschau für den 24.12.2015.

In der Fachzeitschrift „Chorzeit“ stellt Prof. Friedhelm Brusniak in der Ausgabe vom November 2015 verschiedene Kinderfassungen von Bachs Weihnachtsoratorium vor, unter anderem auch jene von Sascha von Donat mit dem JEB Chor. Sie können den Artikel hier nachlesen: Chorzeit – das Vokalmagazin November 2015 www.chorzeit.de

 

Gedanken über das Weihnachtsoratorium

Als Bach Mitte des Jahres 1723 in Leipzig sein Amt als „Cantor et Director Musices“ antrat, nahm er sogleich ein Projekt beeindruckenden Ausmaßes in Angriff: In den darauf folgenden zwei Jahren komponierte er nahezu wöchentlich eine neue Kantate, die dann am Sonntag im Gottesdienst in einer der beiden Leipziger Hauptkirchen, St. Thomä und St. Nicolai, erklang. Die sechs Teile des Weihnachtsoratoriums unterscheiden sich nicht grundlegend von jenen Kirchenstücken. Auch sie erklangen bei ihrer Uraufführung im Jahr 1834/35 jeweils im Gottesdienst der (damals noch drei) Weihnachtstage, des Neujahrsfestes, des Sonntags nach Neujahr sowie des Epiphaniasfestes. Das Weihnachtsoratorium ist also zu Bachs Lebzeiten nie als zusammenhängendes Konzert musiziert worden.

Gleichwohl wäre es verfehlt, im Weihnachtsoratorium eine bloße Ansammlung sechs weihnachtlicher Kantaten zu erblicken. Denn das Werk zeichnet sich durch gewisse einheitsstiftende Momente aus: Da ist zum einen die Bezeichnung als „Oratorium“, die sowohl in Bachs Partiturautograph als auch in dem für die Aufführung gedruckten Textheft erscheint. Die Zusammengehörigkeit der einzelnen Teile wird zudem daran deutlich, dass Bach den Teilen I bis IV den fortlaufenden Text der Weihnachtsgeschichte nach Lukas, den Teilen V und VI den Bericht des Matthäusevangeliums zugrunde legt (dass Bach aus zwei Evangelien schöpft, liegt daran, dass im Lukasevangelium die Geschichte der drei Weisen aus dem Morgenlande fehlt). Und auch in musikalischer Hinsicht weist das Weihnachtsoratorium eine beachtliche Geschlossenheit auf: So lässt sich für jeden Teil eine „Grundtonart“ bestimmen, deren Abfolge – D-G-D-F-A-D – ein sinnvolles Beziehungsgeflecht und durch das Wiederaufgreifen der Anfangstonart D-Dur im letzten Teil zudem eine Rahmung ergibt. Zusätzlich betont wird dieses Rahmenverhältnis noch dadurch, dass der erste und letzte Choral des Werks auf dieselbe Melodie erklingen. Bei den sechs Teilen des Weihnachtsoratoriums handelt es sich also um ein als zusammengehörig gedachtes Werk.

Blickt man genauer auf die einzelnen Teile, so lassen sich drei verschiedene Ebenen unterscheiden: Bibeltext, freie Dichtung und Choral. Der Bibeltext dient der Verkündigung des Wortes Gottes. Die frei gedichteten Rezitative und Arien knüpfen hieran an und reflektieren das Gehörte aus der Perspektive des Einzelnen (des „Ich“). Der Choral versinnbildlicht die Stimme Gemeinde (des „Wir“), wobei in Leipzig die Choräle nicht von der Gemeinde mitgesungen zu werden pflegten.

Besonderes Interesse verdienen die frei gedichteten Rezitative und Arien. Sie sind überwiegend nicht eigens für das Weihnachtsoratorium komponiert worden, sondern stellen Umarbeitungen („Parodien“) aus weltlichen Kantaten dar. Wer beispielsweise das charakteristische Eingangsmotiv des ersten Satzes hört, mag heute unwillkürlich an die Worte „Jauchzet, frohlocket“ denken – in der ursprünglichen Glückwunschkantate für die sächsische Kurfürstin und polnische Königin Maria Josepha (BWV 214) lautete der Eingangstext hingegen „Tönet ihr Pauken! Erschallet Trompeten!“, und die Musik gibt hiervon bis heute Zeugnis, denn die ersten Takte sind tatsächlich ausschließlich Pauken und Trompeten vorbehalten, bevor das restliche Orchester und erst später der Chor hinzukommen. Der Gebrauch dieses sog. Parodieverfahrens ist weder ein Spezifikum des Weihnachtsoratoriums (weite Teile der h-moll-Messe beispielsweise beruhen auf Parodievorlagen) noch eine Besonderheit Bachs. Es war in der Barockzeit gängige Praxis und keinesfalls Ausdruck fehlender Originalität. Im Falle Bachs kam hinzu, dass die zu fürstlichen oder königlichen Geburtstagen komponierten Kantaten nur einmal verwendet werden konnten. Erst die Umarbeitung zu geistlichen Zwecken ermöglichte es Bach, die Musik zu wiederkehrenden Anlässen aufzuführen. Ein strikter Gegensatz von weltlicher und geistlicher Musik war jener Zeit ohnehin fremd.

Eine gewisse Besonderheit bietet der zweite Teil des Weihnachtsoratoriums. Anders als alle übrigen Teile beginnt er nicht mit einem Eingangschor, sondern mit einer „Sinfonia“. Dieses Stück, eine Pastorale, bringt die Thematik des zweiten Teils mit musikalischen Mitteln zum Ausdruck: So wie Engel und Hirten einander auf dem Feld zu Bethlehem begegnen, so stehen sich auch hier zwei Instrumentalgruppen gegenüber – Streicher und Flöten, den Chor der Engel symbolisierend, auf der einen Seite und die Oboen, stellvertretend für die Hirten, auf der anderen. Am Ende des Stückes vereinen sich beide Gruppen in einem gemeinsamen Akkord – Himmel die Erde berühren einander für einen kurzen Augenblick. Das, so mag man hinzufügen, ist die Botschaft von Weihnachten.
Marten Breuer